Übersetzungstheorie

Zur Problematik des Übersetzens
„... Analytische Erklärungen der einzelsprachlichen Bedeutungen sind in einem Wörterbuch oder in einer kontrastiven Lexikologie am Platze; eine Übersetzung aber ist kein Wörterbuch und keine lexikologische Studie, sondern ein Sprechen mit einer anderen Sprache und mit einem vorgegebenen lnhalt. Die Bedeutungen der Ausgangssprache funktionieren dabei nur in der ersten, semasiologischen Phase; sobald aber das, was der Text bezeichnet, verstanden worden ist, werden sie ausgeklammert, denn in der zweiten, der onomasiologischen Phase d.h. im eigentlichen Übersetzungsprozess geht es darum, Bedeutungen der Zielsprache zu finden, die das gleiche bezeichnen können: Von Bed. 1 zu Bed. 2 führt keine direkte Linie: In der semasiologischen Phase verhält sich der Übersetzer wie ein Sprecher der Ausgangssprache, der einen Text versteht ("dekodiert"), in der onomasiologischen Phase wie ein Sprecher der Zielsprache, der einen Text erzeugt ("einkodiert"), mit dem einzigen Unterschied, dass ihm der auszudrückende Inhalt bis in die Einzelheiten vorgegeben
ist. ..." 1


Man könnte fast sagen, dass diese Betrachtungsweise einen Mikroumriss der großen Problematik des Übersetzens darstellt. Erfreulicherweise trifft sie nicht immer zu und nicht so hart.

Es ist zwar richtig, dass keine Norm alleine eine gute Übersetzung bedingen kann und jede Übersetzung nur so gut wie ihr Übersetzer sein kann. Gleichwohl können Normen geeignete Rahmenbedingungen für gute Übersetzungen schaffen, indem sie für klare organisatorische Voraussetzungen sorgen und alle Arbeitsabläufe regeln. Auf der Grundlage der Norm DIN EN ISO 9001:2015 und der Norm DIN EN ISO 17100 Übersetzungsdienstleistungen - Anforderungen an Übersetzungsdienstleistungen haben wir eigene Prinzipien und Lösungen erarbeitet. Dabei kommt dem Projektmanagement eine besondere Rolle zu. Projektmanagement umfasst neben den kundenseitigen Vorgaben sowohl die Analyse des Ausgangstextes (Projektvorbereitung) als auch die
Berücksichtigung von Regeln der Zielsprache und die Beachtung von kulturellen Besonderheiten (Kernprozess Übersetzen).


1 FALSCHE UND RICHTIGE FRAGESTELLUNGEN IN DER ÜBERSETZUNGSTHEORIE
Eugenio COSERIU
Universität Tübingen
(Veröffentlicht in L. Grähs, G. Korlén, B. Malmberg (Hrsg.),
Theory and Practice of Translation, Bern - Frankfurt/Main - Las Vegas, S. 17-32;
abgedruckt in: Übersetzungswissenschaft, hrsg. von W. Wilss, Darmstadt 1981, S. 27-47)

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